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Für viele ist diese Frage in etwa so, wie unter Motorradfahrern die Frage "Kardan oder Kette".
Einiges ist Wissen, manches aber auch nur halb. Vieles ist Glauben oder Hörensagen.
Oftmals ist der Ansatz aber auch viel pragmatischer, da dann einfach die örtlichen Möglichkeiten entscheidend für die Auswahl sind.
Was in der Regel leider nicht Grundlage der Entscheidung ist, ist das Wissen um die Eigenheiten beider Kabelarten.
Zwar gibt es viele Abhandlungen und Erklärungen, allzu oft mit überbordender Theorie, greifbare Erklärungen als Grundlage wofür man sich denn nun entscheiden soll sind jedoch rar.
Daher soll dies nicht der besserwisserische Versuch einer „schaut-her-wie-toll-ich-das-verstanden-habe“ Erklärung darstellen, sondern ein Versuch den Sachverhalt etwas griffiger darzustellen.
Zunächst die schlechte Nachricht: Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort.
Für die Auswahl der Kabel gibt es in der Hauptsache folgende Kriterien:
Für die weiteren Überlegungen gehe ich hauptsächlich von sehr guten Koaxkabeln aus, nicht von der Qualität Flohmarkt, ebay oder Reichelt sondern Belden. Es darf also davon ausgegangen werden, dass sich die Verhältnisse bei den Kabeln aus ersteren Quellen deutlich schlechter darstellen.
Als Vertreter dieses Kabeltyps habe ich die gängigen Typen RG-58/U und RG-213/U, sowie ein Beispiel eines moderneren Koaxkabels, H2000, gewählt.
Da sich die Hersteller von symmetrischen Antennenkabeln mit Datenblättern sehr zurückhalten, habe ich deren Werte direkt selber gerechnet. Hier sind die üblichen Impedanzen 300 Ohm oder 450 Ohm. Eher seltener zu kaufen, aber für den Selbstbauer sehr interessant, sind solche Kabel in 600 Ohm Ausführung.
Leitungen mit 300 Ohm kennt man in der Regel als einen schmalen Kunststoffstreifen, an dessen Rand sich die Leiter befinden. So etwas ähnliches wurde früher auch für Radio- und Fernsehantennen verwendet.
Die 450 Ohm Leitungen kennt man größtenteils von Wireman o.ä. und besitzen kleine fensterähnliche Durchbrüche im Isolator.
Wer eine 600 Ohm Leitung haben möchte, kommt um den Selbstbau meistens nicht herum. Dieser ist allerdings nicht weiter schwierig. Um für gleichbleibenden Abstand zwischen den Leitern zu sorgen gibt es diverse Spreizer im Handel oder man fertigt selber welche.
Für alle Kabel werden standardmäßig 100m Kabellänge angenommen und, sofern nicht anders erwähnt, eine ideale Antenne (Dummy).
Die Dämpfung einer Hochfrequenzleitung ist Frequenzabhängig. Das bedeutet, dass mit steigender Frequenz auch die Verluste durch die Kabeldämpfung steigen. Da es keine Wunderkabel gibt, genau so wenig wie Wunderantennen, gilt das für jede Kabelart. Die Frage ist lediglich, welches Kabel bei welcher Frequenz wie viel Energie als Wärme verbrät.
So bewirkt allein die Erhöhung der Frequenz von 28MHz auf 100MHz bei RG-213 eine Halbierung der Sendeleistung an der Antenne.
Nimmt man eine Sendeleistung von 100W an, so erreichen davon bei 28MHz lediglich 50W die Antenne. Bei 100MHz sind es dann nur noch 25W, bei 144MHz noch weniger.
Ein Viertel der teuren Sendeleistung kommt nur an der Antenne an, der Rest versetzt das Kabel in heimelige Wärme.
Ach ja, eine S-Stufe kostet es auch noch.
In Empfangsrichtung gilt das im Übrigen genau so.
Was in diesem Beispiel für RG-213 bei 100MHz gilt, gilt übrigens bei RG-58 schon bei 28MHz.
Die unten stehende Tabelle zeigt das Verhalten der Kabel bei verschiedenen Frequenzen.
Nicht vergessen, alles was größer 0 ist, sind Verluste und jede Steigerung um 3 bedeutet eine Verdoppelung der Verluste!
f/MHz | RG-58 | RG-213 | H-2000 | CQ 562 (300 Ohm) | CQ 553 (450 Ohm) | Selbstbau (600 Ohm) |
1 | 1,07 | 0,89 | 0,306 | 0,078 | 0,064 | |
7 | 2,87 | 1,54 | 1 | 0,823 | 0,206 | 0,169 |
10 | 3,5 | 1,8 | 1,2 | 0,995 | 0,249 | 0,202 |
14 | 4,1 | 2,1 | 1,4 | 1,180 | 0,297 | 0,240 |
20 | 5,0 | 2,5 | 1,8 | 1,422 | 0,360 | 0,288 |
28 | 6,0 | 3,0 | 2,0 | 1,698 | 0,432 | 0,342 |
50 | 8,2 | 4,1 | 2,7 | 2,315 | 0,596 | 0,461 |
100 | 12,0 | 6,1 | 3,9 | 3,380 | 0,887 | 0,660 |
144 | 14,8 | 7,6 | 4,8 | 4,143 | 1,100 | 0,799 |
200 | 17,9 | 9,2 | 4,991 | 1,342 | 0,951 | |
435 | 28,7 | 15,1 | 8,5 | 7,863 | 2,191 | 1,443 |
500 | 31,2 | 16,5 | 8,551 | 2,399 | 1,557 | |
800 | 42,1 | 22,6 | 11,9 | 11,415 | 3,287 | 2,020 |
1000 | 48,7 | 26,3 | 13,5 | 13,140 | 3,834 | 2,289 |
1296 | 57,9 | 31,6 | 15,7 | 15,523 | 4,602 | 2,652 |
Kabeldämpfung in dB/100m
Da die Tabelle an sich vielleicht etwas zu abstrakt ist, hier die Werte als Faktoren in grafischer Darstellung:
Ein Beispiel wie die Grafik zu lesen ist: Betreibt man 100m RG-58 bei etwa 70MHz, dann wird das Signal auf ein Zehntel verringert. Bei 250MHz bleibt nur ein Hundertstel übrig.
Nicht vergessen, vier Zähler sind eine S-Stufe. Sowohl im Sende- als auch Empfangsfall. Daher sollte bereits dort das Kabel sorgfältig gewählt werden.
Sehr schön ist hier zu sehen, wie schnell die Verluste von Koaxkabeln im Vergleich zu den symmetrischen Leitungen mit der Frequenz zunehmen. Einzig das moderne H2000, das zwar nur 7mm misst aber ein Schaumdielektrikum hat, liegt im Bereich des 300 Ohm Kabels.
Erstaunlich, nicht?
Alles bisher gesagte gilt aber nur für den Fall, dass ideale Bedingungen vorgefunden werden. Antenne und Kabel haben gleiche Impedanz und das VSWR ist 1:1.
Gerade der Kurzwellenfunker hat aber einen relativ großen Bereich von Wellenlängen zur Verfügung und selten findet man dort solche Verhältnisse vor.
Wie sieht es also bei steigendem VSWR aus?
Zur besseren Übersichtlichkeit beschränke ich mich hier auf zwei Kabeltypen.
Man kann sehr schön sehen, wie die Kabeldämpfung mit schlechter werdendem VSWR zunimmt. Was auffällt ist, dass das Koaxkabel bereits mit einem schlechterem Dämpfungswert bei 1:1 beginnt, dieser Wert sich aber mit steigendem VSWR sehr viel schneller erhöht als bei der symmetrischen Leitung!
Ist die Darstellung immer noch nicht aussagekräftig genug?
Dann schauen wir uns mal den alltäglichen Fall an, dass eine Antenne angepasst werden muss.
Dazu habe ich den anzupassenden Bereich von 10 bis 700 Ohm betrachtet, was durchaus realistisch ist.
Das Diagramm zeigt, wie viel Prozent der eingespeisten Leistung in Abhängigkeit des Antennenwiderstands an die Antenne übergeben werden.
Wenn man eine Leistung von 100W zu Grunde legt, dann kann man daraus auch direkt die Leistung ablesen, die an die Antenne gelangt.
Das Verhältnis von abgegebener Leistung zu aufgenommener Leistung nennt man übrigens auch Wirkungsgrad.
Überdeutlich wird hier sichtbar, dass der Impedanzbereich in dem Koaxkabel überhaupt nutzbar ist, sehr klein ist. Liegt eine Antennenimpedanz zu weit ab von der des Kabels werden die Verluste so hoch, dass dessen Verwendung sinnfrei wird.
Daraus erklärt sich dann auch der zumeist geringe Anpassbereich der in den TRX integrierten Anpassgeräte.
Ein Beispiel:
Benutzt man das Koaxkabel um eine Antenne mit etwa 550 Ohm Impedanz zu speisen, gelangen von den eingespeisten 100W nur etwa 25 W in die Antenne. Es geht eine S-Stufe verloren. Das ist unnötig.
Bei gleichen Bedingungen erreichen mit der symmetrischen Leitung immerhin noch 93W die Antenne.
So erklärt sich auch, weshalb bei Verwendung von Koaxkabeln als Antennenzuleitung ein Antennenkoppler nur zwischen dem Kabel auf der einen Seite und der Antenne oder einer symmetrischen Leitung auf der anderen Seite sinnvoll ist.
Und zwar nur dort!
Natürlich, es „geht“ auch anders, aber der Preis ist hoch, womit wir bei der Kompromissbereitschaft wären.
Wie in allen Bereichen des Lebens muss man Kompromisse eingehen.
So ist es auch in unserem Hobby.
Abgesehen davon, dass es kaum bezahlbar wäre, muss es nicht immer so gut wie irgend möglich sein. Sinnvoll sollte es sein.
Das letzte Zehntel dB aus der Anlage zu quetschen mag für den EME-Freund eine Notwendigkeit sein. Der Aufwand, den dieser dafür treiben muss, ist sehr groß.
Der Kurzwellenamateur steht in der Regel nicht vor diesem Problem. Das Optimieren der eigenen Anlage ist schon sinnvoll, aber um ein dB muss man nicht streiten.
So ist es z.B. völlig sinnfrei für eine Monobandantenne für das 160m Band eine 30m Zuleitung aus teuerstem Koaxkabel zu planen, nur weil dieses vielleicht 0,2 dB weniger Verlust verspricht.
Man wird dies kaum bemerken abseits von Messungen.
Für den Multibandbetrieb, möglichst mit handbedientem Koppler am TRX-seitigem Ende des Kabels, können die Verluste allerdings auch schon auf 30m Kabellänge interessant werden.
Manchmal geht es aber eben auch nicht anders als Koaxkabel zu verwenden, weil man eine symmetrische Leitung nicht sinnvoll verlegen kann. In dem Fall sollte der Koppler sich an der Antenne befinden und fernbedient sein.
Wenn auch das nicht geht, kann man sich aus zwei parallel geführten Koaxkabel eine leicht verlegbare symmetrische Leitung fertigen. Das ist in jedem Fall besser als mit Sendeenergie das Koaxkabel zu heizen.
Als kleines Bonbon ist ein derartiges Kabel auch besser gegen äußere Beeinflussungen geschützt als eine offene symmetrische Leitung.
Die Frage, welcher Typus Kabel für den jeweiligen Anwendungsfall das richtige ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Das die falsche Auswahl aber recht starke Auswirkungen haben kann, wurde hier anhand einiger Beispiele deutlich. Das „Ein-Kabel-für-alles“ nicht der richtige Ansatz sein kann, sollte daher nachvollziehbar sein.
Allerdings ist festzuhalten, dass Koaxkabel seine Stärken immer dann ausspielen kann, wenn es um Mechanik geht. Ein einfaches Verlegen und seine Unanfälligkeit gegenüber seiner Umgebung machen seine Handhabung sehr einfach. Allerdings nur in einem sehr Eingeschränkten Impedanzbereich. Solange man es in einem System verwendet wird, das seiner eigenen Impedanz sehr nahe liegt, ist gegen eine Verwendung von Koaxkabel nichts zu sagen.
Abseits davon, ist die Zweidrahtleitung in den allermeisten Aspekten überlegen.
Das geht nur mit Funk.
Ohne einem Staat, Providern oder Hackern ausgeliefert zu sein.
Frei kommunizieren, statt fremdgesteuert.
Know how, know why, know more!
Das ist mehr als nur das sprechen ins Mikrophon. Im Gegenteil. Vielmehr ist es ein Ergebnis aus dem Zusammenspiel vieler Disziplinen, die gemeistert wurden. Will man zudem noch gehört werden, geht das Spiel weiter.
Die Grundlage von allem beim Amateurfunk. Ohne die Technik geht einfach nichts. Will man auch in Wettbewerben erfolgreich sein, oder beim DXen, muss man seine Möglichkeiten bestmöglich ausloten. Dazu muss man sie verstehen.
Alles stirbt ohne Nachwuchs. Auch der Amateurfunk. Daher ist die Ausbildung von neuen Funkamateuren nichts anderes, als ein Akt der Selbsterhaltung. Hierbei vollzieht sich der Wandel vom Anwender der Technik zu dessen Beherrschung. Was sich nicht auf Funktechnik beschränkt.
Wenn man die Technik verstanden hat, ist der Selbstbau das Maß der Dinge. Dabei geht es nicht um höher, schneller, weiter, sondern darum,
technische Probleme zu analysieren, deren Lösung zu durchdenken und sie dann umzusetzen. Passgenau.
Kaufen kann jeder.